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"Zum vorletzten Konzert dieser Saison hatten die Kunstfreunde ins Palatin geladen. Das Publikum im fast ausverkauften Staufersaal durfte das renommierte französische Quartett "Quatuor Ysaÿe", das mit Isabel Charisius (Viola) und Valentin Erben (Violoncello) zum Sextett aufgestockt wurde, mit den beiden wunderbaren Streichsextetten von Johannes Brahms erleben. Für dieses Konzert ergab sich allerdings eine Änderung in der Besetzung. Für den erkrankten Bratschisten Miguel da Silva sprang kurzfristig Sylvia Zucker vom Gémeaux Quartett aus Basel ein. Nahtlos und homogen fügte sich die erfahrene Musikerin in das Ensemble ein, ebenso wie die beiden Gastmusiker Charisius und Erben. Beide waren Mitglieder des Alban-Berg-Quartetts.

Wie ein einziger Klangkörper wirkte das Ensemble. Die sechs Musiker harmonierten bestens. Kaum zu glauben, dass sie sich in dieser Formation erst kurz zuvor gefunden hatten. Die Freude am gemeinsamen Spiel war zu hören und zu sehen. Mit einem warmen und weichen Klang von betörender Anmut und Schönheit bezauberte das Ensemble das Publikum. Auch im zweiten Satz mit seiner Variation über ein Thema, das einerseits Anklänge an einen Rundtanz des 17. Jahrhunderts, eine "Folie d'espagne", aufweist, andererseits ungarisch gefärbt klingt, boten die sechs Musiker eine ergreifende Interpretation. Die Nuancen und Facetten ihrer musikalischen Ausdrucksmittel waren verblüffend vielfältig. Sie reichten von rustikal bis zu zarten Tönen, die an eine Spieluhr erinnerten, und feinen Pizzicati. Ergreifend, wie mit einem langsamen Ausatmen, verklang der Satz. Das heitere Scherzo erklang mit Schwung und Herzblut. Mit fein abgestufter Dynamik und teilweise halsbrecherischer Geschwindigkeit perlte die Musik dahin. Meisterlich interpretiert wurde das abschließende Rondo mit seinem sehnenden Gestus und seinem anmutigen Stil. 

Wunderbar farbenreich und klangsinnlich ließen die sechs Künstler Brahms Musik dahinströmen. Leichtigkeit und Transparenz zeichneten ihr Spiel aus. Mit Anmut und verträumter Innigkeit wurden die langsamen Sätze gestaltet. Betörend flirrte das erste Thema des Scherzos, das zwischen süßer Melancholie und sanfter Verspieltheit schwankt. Im "Presto giocoso" erfreute ein fröhlicher und schwungvoller Ländler das Publikum. Nach dem bedrückend-melancholischen Adagio kam im Finalsatz wieder frische Bewegung ins Spiel. Dennoch blieb die Stimmung bei allem melodischen Reichtum von süßer Schwermut durchweht. Mit einem grandiosen Finale, virtuos und erhebend gespielt, endete dieses wunderbare Konzert. Die sechs begnadeten Musiker hatten dem Publikum einen unvergesslichen und beglückenden Brahms-Abend beschert. Begeisterter Beifall und Bravorufe waren der Dank."
(Carmen Diemer-Stachel, RNZ)